Leadership & Karriere Hip, Hype, Hafer: Wie Oatly zur Love Brand wurde

Hip, Hype, Hafer: Wie Oatly zur Love Brand wurde

Nur zwei Jahre, nachdem Oatly in Deutschland launchte, hat sich der schwedische Hafermilchhersteller als hippe Love Brand etabliert. Michael Lee (Creative Director von Oatly) erklärt, warum ausgerechnet die Produktverpackungen ihr wichtigster Kommunikationskanal sind.

Business Punk: Der Markenauftritt von Oatly ist sehr auffällig. Wie lautet das Konzept dahinter?

Michael Lee: Wie wir auftreten, soll sich sehr menschlich anfühlen, nicht wie ein Unternehmen. Wir sagen immer, wir wollen konsequent inkonsequent sein. Das heißt: Genauso wie echte Menschen sind wir manchmal ernst und manchmal nicht. Genauso haben wir gewisse Werte, nach denen wir leben, aber am Wochenende gehen wir aus, machen Quatsch und haben einfach eine gute Zeit. Gerade weil wir uns in der Nachhaltigkeitskategorie bewegen, fällt extrem auf, dass wir im Gegensatz zu anderen Unternehmen nicht die ganze Zeit die Moralkeule schwingen. Wir präsentieren uns wie eine reale Person, darum können sich die Leute leicht mit uns identifizieren.

Michael Lee, Creative Director von Oatly

Wie kreiert ihr den typischen Look and Feel von Oatly? Gibt es eine Art Rezept, welche Elemente es dafür braucht?

Man könnte meinen, dass wir das so strategisch angehen, tun wir aber gar nicht. Wir haben kein Brand Book oder so. Das, was wir anstreben, ist dieser Homemade-Look. So, als ob unser CEO Toni selbst ein bisschen mit Verpackungsdesign herumexperimentiert hat. Darum sieht bei uns alles ein bisschen naiv aus, aber eben mit Absicht.

Ihr stecht auch dadurch hervor, dass auf euren Produktverpackungen unheimlich viel draufsteht. Wie kommt das?

Das ging los, als Oatly im Jahr 2014 ein großes Rebranding machte. Wir hatten nicht viel Geld, um Werbung zu machen, darum wurde die Verpackung unser wichtigster Kommunikationskanal. Wir überlegten uns, dass die Leute alles, was sie über Oatly wissen müssen, über die Verpackung erfahren sollen. Und da wir sehr schnell gelangweilt sind, lassen wir uns immer wieder etwas Neues einfallen. Inzwischen haben wir für unsere Haferdrinks 80 verschiedene Designs gemacht. Und je unerwarteter unser Auftritt, desto besser.

Hast du ein Beispiel?

Manchmal schreiben wir kompletten Nonsens auf die Packung, einfach weil wir es witzig finden. Einmal haben wir für unsere Projektmanagerin, die gerade einen neuen Freund suchte, eine Kontaktanzeige auf die Drinks gedruckt. Aber wir machen auch andere Sachen, zum Beispiel provozieren wir die Food-Branche, damit alle Lebensmittelhersteller den ökologischen CO2e-Fußabdruck ihrer Produkte veröffentlichen.

Warum sehen die allermeisten Produktverpackungen so langweilig aus?

Meiner Meinung nach geht das weit über das Verpackungsthema hinaus. Die Frage ist vielmehr: Warum sind viele Unternehmen so langweilig? Einer der Hauptgründe ist die Art und Weise, wie Marketingabteilungen funktionieren.

Wie funktionieren sie denn?

Typischerweise läuft das so ab: Die Marketingabteilung hat einen Workshop mit den Sales-Leuten, betreibt Marktforschung und spricht mit der zuständigen Agentur. Die Agentur macht sich Gedanken und schlägt ein paar Sachen vor, aber die werden abgeschmettert. So geht das ein paar Mal hin und her. Irgendwann will die Agentur die Kund*innen einfach nur noch zufriedenstellen und denkt sich irgendwelche Sachen aus, von denen sie selbst nicht überzeugt ist. Damit geht die Marketingabteilung zur*zum CEO. Die*der zerreißt es, weil es diese und jene Kriterien nicht erfüllt. Wir umgehen das alles.

Inwiefern?

Wir machen alles selbst. Ich fahre beispielsweise persönlich nach Deutschland, um mit den deutschen Geschäftsführer*innen zu besprechen, was wir 2020 erreichen wollen. Dann setze ich mich hin und überlege mir, wie wir das umsetzen können. Und dann machen wir das einfach, ganz ohne aufwändige Freigabeschleifen und diesen ganzen komplexen Bullshit, der alle guten Ideen zunichtemacht.

Das ist also das ganze Geheimnis?

Das klingt total simpel, aber kein anderes Unternehmen arbeitet so. Ein gutes Beispiel ist unsere Billboard-Werbung in Deutschland. Wir haben 60.000 Euro für ein Plakat ausgegeben, auf dem stand „You actually read this? Total success.“ Es wurde kein Produkt erwähnt, kein USP, keine Bullet Points. Keine Marketing-Leitung, die ganz bei Sinnen ist, würde so etwas durchwinken. Und genau deswegen wirkt alles, was wir machen, anders. Einfach weil wir völlig anders arbeiten.

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